TV-Tipp: „Wir haben existenzielle Angst vor Bestrafung und Tod“
23.6., 00:20 Uhr: Einheimische aus der LGBTIQ+ Gemeinschaft im WM-Gastgeberland Katar sprechen erstmals im TV öffentlich über ihre Lage
Im November steigt die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Der Wüstenstaat präsentiert sich weltoffen, die FIFA möchte den Fußball in den Vordergrund stellen. Doch das Emirat steht wegen gravierender Menschenrechtsverletzungen seit Jahren in der Kritik. Gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen sind verboten und können mit Auspeitschen, mehrjährigen Freiheitsstrafen und theoretisch sogar dem Tod geahndet werden. Doch welchen Schikanen die LGBTIQ+* Gemeinschaft in Katar tagtäglich ausgesetzt ist, dringt nach wie vor nur selten nach außen. Den Reportern Jonas Gerdes und Timo Latsch ist es erstmals gelungen, homosexuelle Kataris vor der Kamera zur schwierigen Lage in ihrer Heimat zu befragen. Aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung und weitreichender Überwachungsmöglichkeiten der Regierung kommunizieren die Einheimischen zum Teil nur mit Hilfe von Codewörtern über ihre Sexualität, die Vorgespräche mit den Reportern fanden über verschlüsselte Messenger-Dienste statt. Zum Interview erscheinen sie an geheimen Orten in Europa und Asien.
RTL zeigt die Reportage „Rote Karte statt Regenbogen – Homosexuelle in Katar“ in der Nacht auf den 23. Juni um 0:20 Uhr erstmals in Gänze in einem RTL Nachtjournal Spezial sowie in weiteren Auszügen in den Nachrichten und Magazinen von RTL/ntv. Eine Wiederholung ist am 23. Juni um 15:40 Uhr in einem „News Spezial“ bei ntv zu sehen. Im Anschluss ist die Reportage außerdem auf RTL+ abrufbar.
Die Reportage ist Teil der „Woche der Vielfalt“, in der RTL Deutschland vom 20. bis 26. Juni das Thema LGBTIQ+ in den Mittelpunkt seiner umfangreichen Inhaltsangebote stellt.
„Wir haben existenzielle Angst vor Bestrafung und Tod, denn was wir in unserer Jugend gelernt haben, ist, dass schwul sein eine Verirrung ist, nichts Natürliches.“
So ein Katari gegenüber den Reportern über die systematische Diskriminierung Homosexueller in seiner Heimat. Berichte über die Frustration unterdrückter Liebe sowie traumatische Szenen der offenen Schikane durch staatliche Behörden gehören unter anderem zu den vielen bewegenden Erzählungen, die während der Reportage festgehalten wurden. „Ich will nicht alt werden, ohne jemanden an meiner Seite zu haben. Wenn ich mit meiner Familie in einer Mall bin und ein Ehepaar sehe, das Händchen hält, dann kommt extremer Frust, Wut und Neid in mir auf“, erzählt einer der Einheimischen. „Das Schlimmste ist, wenn ich reise und dann nach Katar zurückkomme und durch den Zoll muss“, schildert zudem ein transsexueller Katari und berichtet von seinen Erfahrungen: „Sie brachten mich zur Polizeiwache und rasierten meinen Kopf. Nach ein paar Stunden ließen sie mich gehen. Als das passierte, verlor ich jegliche Hoffnung in das System. Diese Menschen sollen uns beschützen, aber sie tun das komplette Gegenteil.“
Timo Latsch, stellv. Ressortleiter Sport bei RTL NEWS: „Für mich steht Fußball vor allem für Spaß, Fairness und Vielfalt: Das Regime in Katar tut dies nicht. Deshalb möchte ich als Mitglied der LGBTIQ+-Familie diese FIFA-WM nicht unterstützen und werde zum ersten Mal seit 2006 nicht als Sportreporter vor Ort sein, um über Fußball zu berichten.“
Jonas Gerdes, RTL/ntv Reporter: „Wir haben seit Januar recherchiert, um das Vertrauen von Menschen aus der LGBTIQ+-Gemeinschaft zu gewinnen. Ich bin erschüttert, wie dramatisch die Lage für sie im WM-Land wirklich ist. Offiziell bekennt sich die FIFA zur Einhaltung aller international anerkannten Menschenrechte und setzt sich für den Schutz dieser Rechte ein, in Katar tut sie das bislang zu wenig.”
„Wenn wir reisen, respektieren wir andere Kulturen und dasselbe erwarten wir von den Fans: Zuneigung öffentlich zu zeigen ist verboten, egal ob von Mitgliedern der LGBTQ-Gemeinschaft, oder von heterosexuellen.“
Betont Nasser AL-Khater, Geschäftsführer des WM-Organisationskomitees, im exklusiven Interview mit den Reportern. Ähnlich wie der Turnierchef, äußert sich zudem der Direktor der katarischen Liga, Ahmed Abbassi: „Hier geht keiner raus mit einem großen Schild, dass er LGBTIQ ist, aber das gibt es nirgendwo. Das ist anders als die anderen Dinge, Arbeiterrechte, wo wir uns verbessern wollen, ich denke, das ist eine Frage der Kultur.“
Zu Wort kommen außerdem:
Oliver Bierhoff, Direktor Nationalmannschaft
Gianni Infantino, FIFA Präsident
Jürgen Klinsmann, ehemaliger Bundestrainer
Nasser Mohammed, erster schwuler Katari, der sich in den USA öffentlich geoutet hat
Wolfgang Büttner, Human Rights Watch
Benjamin Nassler, „Mr. Gay Germany“ und Initiator der Petition „Liebe kennt keine Pause“