Als erster aktiver Mannschaftssportler: Handball-Profi Krzikalla mit Coming-Out
Bundesliga-Handballer Lucas Krzikalla hat seine Homosexualität öffentlich gemacht - und erfährt dafür großen Zuspruch
Leipzig/Hamburg (SID) Lucas Krzikalla hielt es nicht mehr aus. Dem jahrelangen Versteckspiel setzte der Leipziger Handballer am Wochenende ein Ende. “Die Sexualität, wer wie leben will, muss einfach egal sein – in jedem Beruf. Und damit sich endlich etwas ändert, müssen wir Profisportler jetzt auch selbst etwas unternehmen”, sagte Krzikalla der Welt am Sonntag – und machte seine Homosexualität als erster aktiver männlicher Mannschaftssportler in Deutschlands vier größten Profiligen öffentlich.
Mit seinem mutigen Entschluss, einem der “wichtigsten Schritte in meinem Leben”, möchte Krzikalla Vorbild sein. Ein Vorbild, das der langjährige Bundesligaspieler selbst nie hatte. Der frühere Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger etwa hatte sein Coming-Out erst nach der Karriere.
Und so äußerte Lukas Krzikalla in der MDR-Dokumentation “Aus der Deckung” seine große Hoffnung: “Vielleicht wird es den ein oder anderen ermutigen, offener damit umzugehen und kein Versteckspiel mehr zu betreiben.” Allein von fünf Handballspielern in der ersten und zweiten Liga wisse er, “die es vielleicht innerhalb der Mannschaft erzählen, aber Angst haben, mit einem Coming-Out ihrer Karriere zu schaden”. Aber die Veränderung müsse “auch von innen kommen, aus dem Sport selbst”.
Lukas Krzikalla kann ein Vorreiter sein
Johannes Golla ist überzeugt, dass Lukas Krzikalla ein Vorreiter sein kann. “Ich glaube, es wird weitere geben, die diesen Schritt gehen werden, um befreiter leben zu können und sich nicht mehr verstellen zu müssen”, sagte der Nationalmannschaftskapitän dem SID zum “sehr, sehr mutigen und bemerkenswerten Schritt” seines Bundesliga-Rivalen: “Er geht damit voran. Das wird ein Vorteil für viele weitere Sportler über den Handball hinaus sein.”
Im Volleyball hatte sich bereits im Vorjahr der queere Berliner Benjamin Patch geoutet. Im Fußball, Handball, Basketball und Eishockey – den vier größten Ligen in Deutschland – wagte bislang jedoch kein aktiver Profi den Schritt, den Krzikalla nun ging.
Im Handball kommt der womöglich wegweisende Entschluss gut an. Leipzigs Geschäftsführer Karsten Günther sieht in Krzikalla ein “absolutes Vorbild”. Und auch DHB-Präsident Andreas Michelmann freut die Nachricht “für den Menschen Lucas Krzikalla und sein gesamtes Umfeld. Sein Outing zeugt im besten Sinne des Wortes von einem gesunden Selbstbewusstsein”, sagte der Verbandschef dem SID.
Familie, Freunde und Mitspieler: Krzikallas Coming-Out begann im Kleinen. “Das war dann glaube ich schon eine Erlösung für ihn”, erzählt der Leipziger Teamkollege Alen Milosevic. Fortan grübelte Krzikalla über der Frage, ob und wann er an die Öffentlichkeit gehen sollte. Der 28-Jährige erinnert sich an Partys, auf denen er mit Mädchen nur quatschte, um den Schein zu wahren. Jetzt war die Zeit reif.
“Nach Jahren der Diskriminierung haben wir, wenn wir alle den Mut haben, jetzt die Chance, tatsächlich ein für alle Mal etwas zu ändern. Jedes Coming-Out ist eine große Befreiung”, sagt Lukas Krzikalla, der in Leipzig auf fast 200 Bundesliga-Spiele und knapp 500 Tore kommt. Auch wenn Mitspieler Milosevic mit “vielen, vielen Kommentaren”, auch viel Negativem auf Social Media rechnet – Krzikalla ficht das nicht an. “Idioten, die dumme Sprüche machen, wird es immer geben”, sagt er. Das Versteckspiel hat für ihn endlich ein Ende.
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